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Georg Maier - ein Mann und sein Theater

Gesetzt den Fall, ein Theaterwissenschaftler wollte endlich einmal das Geheimnis der Iberl Bühne ergründen, er hätte es ziemlich einfach - und schwer zugleich. Und zwar deshalb, weil Georg Maier diese kleine Vorstadt-Bühne zum großen Münchner Volkstheater geführt hat. Er ist ein Mann, der gerade aus ist und sagt, was er denkt. Er ist Autor, Regisseur, Dramaturg, Schauspieler und Musikant in einer Person. Ein Mann, ein Wort also.
Wer sich also auf die Spurensuche nach dem Erfolgs-Geheimnis dieses unverwechselbaren Münchner Theaters macht, der wird sich wundern. Es gibt kein Geheimnis, kein Erfolgsrezept, aber es gibt eine erstaunliche Fülle von Einflüssen und Eindrücken, die Georg Maier und sein Haus geprägt haben. Diese Wurzeln reichen weit übers Münchner Milieu hinaus, bis hin zu Nestroy, Moliére und Chabrol, und vom Schlachthofviertel bis nach Amerika.
Da sind die Nachkriegsjahre, die den Georg Maier, wie viele seiner Generation, nachhaltig geprägt haben. Für ihn unvergeßlich seine Begegnung mit dem Jazz, sein Faible für Glenn Miller und Jerry Mulligan, Schwarze Musik, Rhythm & Blues und auch die frühen Münchner Varianten von Max Greger und Hugo Strasser. Sie gaben für den Buam aus dem Schlachthofviertel den Ton an.
Solch weltoffenes Ohr hat zu tun mit seiner amerikanischen Mutter und auch mit seinem niederbayerischen Vater, der an der Isar viel mit Amis zu tun hatte. Die Boazn in der Kapuzinerstraße in Thalkirchen, in der gern schwarze GI's verkehrten, hatte bald einen blutjungen Boß: Georg Maier selbst, der schon als 15-jähriger an der Theke stand. Ein ganz anderes Milieu erfährt er, als der Vater die "Hundskugel" in der Hackenstraße übernimmt. Gleich dahinter, im ehemaligen Luftschutzbunker, ist das Reich der Abgestürzten, der Obdachlosen. Diese Grenzgänger zwischen den Welten tauchen immer wieder in seinen Bühnenstücken auf.
Er selbst kampierte damals auf einem amerikanischen Feldbett und friert nachts bei Hundskälte. Fünf Maßhemden und fesche Anzüge, tags einen Kanten Brot und abends einen hochkarätigen Boxkampf. Das mußte sein. Am Freitag ins Tröpferlbad, und dann rausgekommen wie ein Gentleman...
Ein Falschspieler war er seinerzeit, sagt Maier ganz offen. Einer, der mit den Großen der Zunft verkehrte, den genialen Tricksern und Täuschern. Wo was ging mit einem "Krampferl", da war er nicht weit. Und dann die zweite Leidenschaft, das Kino. Von den US-Filmen der Schwarzen Reihe bis zu den neuen Franzosen, allen voran Chabrol, von Brando bis Belmondo - der Schorsch wurde kinosüchtig.
Menschen, die das bürgerliche Leben in Frage stellen, das interessierte ihn. Dann die Begegnung mit Fassbinder. Unzählige Male hat er seine Filme gesehen. Als er später Fassbinder trifft, sind sie rein dramaturgisch auf der selben Wellenlänge.
Theaterspielen aber hat Georg Maier lange nicht gemocht. Einen Text auswendig lernen, das war seine Sache nicht. Bis der Jazz ihm alle Sinne fürs andere Spiel, das Theater, öffnet. Da ist auch jeder Auftritt, jeder Text, jeder Ton immer wieder neu.

Was da an Aufwand dahinter steckt, wird kaum einer im Publikum merken. Sechzig Proben für ein Stück, das ist heute für den Theatermacher die Regel. Ganz fuchsig macht ihn, wenn es bei den Proben zu Diskussionen über Text und Darstellung kommt. Einen besseren Text als den seinen gibt es nicht, sagt Georg Maier, denn sonst hätt er ihn ja geschrieben. "Ich verlang ja nix, was ich nicht selber kann, ich spiel's vor, und wenn sich jemand trotzdem selbst produzieren will, dann passen wir nicht zusammen". Streng ist er, schwierig ist es, mit ihm zurechtzukommen, das gibt er gerne zu. Das ist eine Seite, die ihm selbst unangenehm ist. Die Strenge fäng t bei der Sprache an. Tagelang, wochenlang feilt er zuweilen an einer kleinen Passage, bis Tonfall, Rhythmus und vor allem der Ausdruck, der Wortwitz sitzt. Es geht ja ums Ganze: Die Sätze laufen oft über fünf, sechs Stationen, und die müssen im richtigen Tonfall übergeben werden. Wenn da ein Schauspieler aus der Reihe tanzt, geht der Rhythmus, die Dramaturgie verloren.
Nichts haßt Georg Maier so sehr wie bloße Platzanweisungen für Sprechautomaten, was ihn bei der "Steiner-Bühne" und anderen sogenannten Komödienstadln so wütend macht. Und erst die Sprache, Gesten, Mimik und Bühnenblödeleien sind zum Erbrechen. Es geht weiter mit falschen Requisiten, miserablen Übergängen, immer wieder gleiche dumme Witze, fade Foppereien, Geschichten, die vorne und hinten nicht stimmen und so spannend, wie ein Schneckenschlurf sind.
Todsünden wären das bei der Iberl Bühne. Sie ist Sein, nicht Schein. Komik wird hier nicht Klamauk, Milieu nicht Maskerade. Es spielt alles in der Umgebung von Schnorrern und Schlawiner, der großen Hammeln und der kleinen Helden, der wahren Weiber und der falschen Fuchzger. Dort sind die Wurzeln von Georg Maier.
Den "Marlon Brando von Solln" hat ihn die SZ einmal genannt. Hat das was mit Stenz zu tun? Da wird Georg Maier sehr ernst: "Jeder Stenz verliert. Ich kenne keinen einzigen, der dieses Leben hat halten können".
Max Königsdorfer
Daten & Taten
27.09.1941
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In Grünwald geboren, aufgewachsen in Neuhausen-Gern.
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Sommer 1956
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Er übernimmt mit 15 Jahren das "Pfälzer Weinstüberl" im Schlachthofviertel.
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Februar 1959
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Beim Vater ist er Juniorchef der Wirtschaft "Hundskugel", in der Hackenstraße.
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Januar 1966
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Er übernimmt die Gaststätte Iberl in München-Solln, Neuanfang als Jazzkneipe.
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Dezember 1966
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Erstes Theaterstück auf der Iberl Bühne: "Die Meistersinger von Schwarting".
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1969 bis 1981
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Zusammenarbeit mit Gerhard Loew und Peter Michael (Musik). Mit der "Grattler-Oper" gelingt der Iberl Bühne der endgültige Durchbruch. Der BR zeichnet die Theaterstücke für das Fernsehen auf.
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01.06.1973
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Geburt von Tochter Georgia.
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Mai 1996
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Georg Maier wird von OB Christian Ude mit der Medaille "München leuchtet" ausgezeichnet und feiert sein 30-jähriges Iberl-Jubiläum.
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Oktober 1997
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Ehrung mit dem "Poetentaler" durch die Münchner Turmschreiber.
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2000
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Auszeichnung mit der "Goldenen Ehrennadel" durch den Künstlerkreis "Kaleidoskop".
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17.12.2001
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Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber überreicht Georg Maier das "Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland".
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21.01.2002
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Georg Maier erhält von OB Christian Ude den "Ernst-Hoferichter-Literaturpreis"der Stadt München.
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Dezember 2005 |
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Die Gastwirte Sibylla und Klaus Abenteuer übernehmen die gastronomische Leitung der Iberl Bühne. |
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Oktober 2006 |
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Großes Jubiläumsfestival
"40 Jahre Georg Maier's Iberl Bühne"
im Alten Rathaus München. |
Volkstheater mit Verstand und Geschmack
Auszug aus der Laudatio zur Verleihung des "Poetentalers der Turmschreiber"
Georg Maier wurde Träger des Poetentalers, weil auf der Iberl Bühne im besten Sinne modern und heutig Theater gespielt wird. Heiter und witzig, ironisch und hintersinnig, manchmal kraftvoll und deftig - aber immer Unterhaltung mit Niveau.
Prinzipal Maier schreibt stets neue Stücke und bestimmt damit die Kontinuität und ständige Verfeinerung eines ganz persönlichen Stils. Da wird in bester Theatertradition den Darstellern auf den Leib geschrieben, so wie es einst Shakespeare, Lessing, Nestroy oder Hauptmann machten. Das Ergebnis ist lebendiges Theater und kein theoretisches Möchtegern-Gemache, oder fades Wiederkäuen von längst Bekanntem.
Georg Maiers Regiearbeit feilt stets alles bis ins Kleinste präzise aus. Jede Geste, jeder Schritt, jeder Blick und jede Sprechpause sitzen. Nichts wird wirkungslos weggenuschelt, jeder hört dem Partner zu und reagiert auf ihn. Man spielt Theater für anspruchsvolle und gebildete Menschen.
In einer künftigen "Geschichte des Bayerischen Volkstheater" wird man der Iberl Bühne ein ausführliches Kapitel widmen müssen, weil dort aufgeräumt wurde mit herztausigem Älplerschmarrn, unpräzisen Schwänken für Touristen, Klamottenkomik und Kropfbandtragik, zugunsten von intelligentem, unterhaltsamen Theater. Dieser neue Stil kann nicht anders als ironisch sein. Hirnschmalz statt Rührungsschluchzen. Volkstheater mit Verstand und Geschmack. Mit Lachen und mit ernsten Momenten.
Vermutlich werden die professionellen Theaterkritiker erst spät erkennen, welche Veränderung hier vor sich gegangen ist. Das begeisterte Publikum jedenfalls schätzt den "Iberl Stil" und hält der Bühne seit fast vier Jahrzehnten die Treue.
Kurt Wilhelm
Autor und Regisseur vom "Brandner Kaspar"
Ernst-Hoferichter-Preis 2002
Auszug aus der Jurybegründung
Die Auszeichnung erhält ein Dramatiker des zeitgenössischen "Bayerischen Volkstheaters", der die Iberl Bühne in 35 Jahren als unverwechselbares "Münchner Gesamtkunstwerk" konzipiert hat... Georg Maier hat wahre Volkstheatertraditionen jenseits gängigen Gaudikonsumangebots wiederbelebt: Perfekte Texte, exakte Mundartsprache, geballte Hintersinnigkeit der Stücke, präzise Regiearbeit.
Werkverzeichnis Georg Maier
Jahr
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Titel
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Beschreibung
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2008 |
„A Deiflert's is'!“ oder
d'Kuah' keiwelt
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Bauernstück von Georg Maier |
2007 |
Ned um a Fünferl eine Moral |
Groteske von Georg Maier |
2005 |
Schwarze Nägermusi |
Eine schräge Komödie aus den Fünfzigern |
2004
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Der Wadlbeisser
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Eine gar bitterböse Komödie
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2003
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Patrioten
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Eine Frace über Liebe und viel Pulverdampf
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2002
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Gigolo
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Krimikomödie aus der Münchner Nachkriegszeit
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2001
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Kloster-Perlen
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Lustspiel über die vergessen Kunst der Perlenfischerei in Bayern
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2000
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Jeder verrot Jeden
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Groteske über das Haberfeldtreiben
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1999
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Jean Sapralott
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Alt-Münchner Gaunerkomödie
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1998
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Hinterfotzig
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Königlich-bayerisches Melodram
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1997
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Das Lied vom Wildschütz Jennerwein
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Wilderer-Posse
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1996
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So ein Pech mit dem Glück
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Lustspiel nach Hermann Kugelstadt
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1995
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Larifari
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Ein gar mörderisches Kasperl-Gspui
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1994
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Der Preisboxer
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Münchner Gschicht aus dem Schlachthof-Milieu
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1994
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Rottaler Gschichten
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Fernsehserie in 6 Folgen
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1993
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Hollerküacherl
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Eine bayerische Delikatesse
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1992
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Die weiße Gams
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A ganz vareckte Wuiderergschicht
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1991
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Wer erschoß Buffalo Bill?
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Eine niederbayerische Westernparodie
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1990
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Spuiratz'n
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Eine Pokerpartie mit Musik von Peter Michael
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1989
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Ois dastunga und dalogn
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Frei nach Kleist "Der zerbrochene Krug"
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1988
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Zuagricht...hergricht... higricht
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Wahrheit und Dichtung über den Räuber Mathias Kneißl
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1987
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Häuslschleicha
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Eine Erbschleicher-Groteske
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1986
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Oh heiliger Benedikt
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Bayerisches Lustspiel
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1986
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Der Weibsdeifi
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Nach Karl Schönherr mit Musik von Peter Michael
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1985
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Da Ruach
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Gaunerposse
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1984
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Da Philosphe - kumma, gsehng und gwunna
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Posse über den Sollner Wirt und Hallodri Josef Iberl
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1983
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Rock'n Roll
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Zu Ehren von Karl Dürr, einem unvergessenen Rock'n Roll-Tänzer
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1982
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Da Rote Jackl
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Phantastische Geschichte über Leben und Tod
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1982
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Zirkus Zirkus
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Gauner- und Schmugglerposse
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Quelle: Homepage von Georg Maier: www.iberlbuehne.de
Heinrich von Kleist

Geboren am 18.10.1777 in Frankfurt/Oder. Er kam nach dem frühen Tod des Vaters 1788 in das Haus des Predigers S. Cartel und besuchte das französische Gymnasium. 1792 trat er in das Potsdamer Garderegiment ein. Kleist nahm am Rheinfeldzug (1796) teil, wurde Leutnant (1797) und schied 1799 freiwillig aus dem Dienst aus.
Dann studierte er Philosophie, Physik, Mathematik und Staatswissenschaft in Frankfurt/O. (1799/1800).
Zwischen 1802 und 1803 lebte er in Weimar bei Wieland , wo er auch Goethe und Schiller kennenlernte.
1804 trat er in den preußischen Staatsdienst ein. Er wurde 1807 in Berlin als vermeintlicher Spion festgenommen. 1807-1809 war er in Dresden, wo er mit Tieck verkehrte und mit A. Müller den "Phöbus" herausgab. 1810 gab er mit A. Müller die "Berliner Abendblätter" heraus, die schon kurz darauf wegen Zensurschwierigkeiten eingestellt werden mußten. Ohne literarischen Erfolg, an menschlichen Bindungen zweifelnd und über die politische Lage verzweifelt, nahm er sich gemeinsam mit der unheilbar kranken Henriette Vogel am Wannsee das Leben. Kleist starb am 21.11.1811.
Werke u.a.
- 1807 Amphitryon
- 1808 Penthesilea
- 1810 Erzählungen
- 1810 Das Käthchen von Heilbronn
- 1811 Der zerbrochne Krug

Quelle:
Projekt Gutenberg-DE
projekt.gutenberg.de
gutenberg.spiegel.de
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